Niethammerstraße
Emil Niethammer (1869-1956)
benannt 1956
Emil Niethammer war Jurist. In den 1920er-Jahren setze er sich für die rechtsextremen Gegner der Weimarer Republik ein. So versuchte er als Reichsanwalt (vergleichbar mit dem heutigen Staatsanwalt) im Prozess gegen die terroristische, nationalistisch und antidemokratisch gesinnte Organisation Consul ein mildes Urteil durchzusetzen, obwohl es ihm als „Vertreter der Republik“ eigentlich um die Verteidigung der Weimarer Demokratie gehen sollte.
Bis 1937 war er als Reichsgerichtsrat tätig. Von 1935 bis 1938 war er Mitglied der amtlichen Kommissionen für die Erneuerung des Strafrechts im Sinne des Regimes. In dieser Funktion könnte er an der Verschärfung des Paragrafen 175 beteiligt gewesen sein, der die Grundlage für die Deportation homosexueller Personen in Konzentrationslager bildete.
Von 1940 bis 1945 war er Gutachter in der Reichs- und Landesgesetzgebung. Ab 1944 lehrte er als Honorarprofessor an der Universität Tübingen Strafrecht und Strafverfahrensrecht. Darüber hinaus war er ständiger Mitarbeiter der „Zeitschrift für Wehrrecht“. 1938 verlieh ihm die Kieler „Stoßtruppfakultät“ – eine Art nationalsozialistische Musterfakultät, die der nationalsozialistischen Idee der „Rechtserneuerung“ dienen sollte – die Ehrendoktorwürde.
1946 trat Niethammer in die CDU ein, wurde in die verfassunggebende Landesversammlung von Württemberg-Hohenzollern gewählt und arbeitete dort einen restaurativen, autoritären Alternativentwurf aus, der den Verfassungsausschuss spaltete und im März 1947 zum Auszug der Vertreter von SPD, DVP und KPD führte. Der Entwurf wurde – einmalig in der deutschen Nachkriegsgeschichte – von der französischen Militärregierung abgelehnt.
Zuletzt war Niethammer Präsident des Oberlandesgerichts Tübingen und des Staatsgerichtshofes von Württemberg-Hohenzollern, außerdem Mitglied der Großen Strafrechtskommission der Bundesrepublik Deutschland.