Exlibris Regina Freudenberg
Bei der kleinformatigen Druckgrafik handelt es sich um ein Exlibris, das der Künstler Alfred Mohrbutter fertigte. Es kann aufgrund seiner Bezeichnung eindeutig mit ihm als Hersteller und Regina Freudenberg als vormalige Eigentümerin des Exlibris identifiziert werden. Alfred Mohrbutter (1867-1916) war ab 1900 in Berlin tätig, wo er für das angesehene Kaufhaus Gerson und dessen Inhaber Philipp Freudenberg arbeitete. Seine Affinität für Frauenmode und Erfahrungen der Modebranche schrieb er im Buch ‚Das Kleid der Frau‘ nieder, das 1904 erschien.
Regina Freudenberg wurde am 2. Oktober 1871 als Regina Hirsch in Brüssel geboren. 1894 heiratete sie Julius Freudenberg (1870 - 1927), einen der Söhne des Kaufmanns Philipp Freudenberg. Dieser war seit 1891 Inhaber des Kaufhauses Gerson. Nach Freudenbergs Tod erbten seine Kinder das Unternehmen: Hermann Freudenberg (1868–1924) und Julius Freudenberg (1870–1927), die beide mit Töchtern von Léo Hirsch, einem Geschäftspartner des Vaters in Brüssel, verheiratet waren. Die Söhne wurden Geschäftsführer und erweiterten das Kaufhaus. Die Familie Freudenberg war angesehen und vermögend. Regina Freudenberg war eine begeisterte Pianistin, Kunstsammlerin und Mäzenin. Als Jüdin wurde sie nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland verfolgt, sodass sie 1936 in ihr Geburtsland Belgien floh. Nach der Besetzung Belgiens und der drohenden Deportation nahm sie sich am 2. Oktober 1941, ihrem 70. Geburtstag, in Brüssel das Leben.
Das Exemplar ihrer Auftragsarbeit bei Alfred Mohrbutter, welches sich im Besitz des Stadtmuseums befand, wurde von der Stadt Tübingen 1988 vom Auktionshaus Dietrich Schneider-Henn aus München in einem Konvolut erstanden. Der Verkäufer kann keine Angaben machen, wie er zu dem Stück kam. Dadurch entsteht eine Lücke in der Provenienz, die wir nicht schließen können. Es besteht folglich ein Verdachtsmoment, da der Verbleib in der NS-Zeit unbekannt ist und wir nicht wissen, ob es rechtmäßig erworben wurde. Ein erhärteter Verdacht ergibt sich aufgrund der jüdischen Herkunft der ehemaligen Besitzer, Familie Freudenberg. Das Stadtmuseum Tübingen hat die Erben Freudenbergs in Tel Aviv in Israel kontaktiert und das Objekt am 5. April 2021 an sie restituiert.