Max-Hartmann-Straße
Max Hartmann (1876-1962)
benannt 1962
Der Zoologe, Biologe und Naturphilosoph Maximilian Hartmann war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der führenden deutschen Forscher im Bereich der Vererbungslehre und der Entwicklungsphysiologie, die er insbesondere an Insekten studierte. Seine Beiträge zur erbbiologischen Forschung gelten bis heute als grundlegend. 1933 übernahm Hartmann zunächst die kommissarische, 1935 dann die formelle Leitung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biologie. Von den 1920er Jahren über die NS-Zeit hinweg engagierte er sich in zahlreichen Fachgremien und hochschulpolitischen Institutionen. Seit 1939 war er Mitherausgeber der Zeitschrift Der Biologe, die in diesem Jahr vom SS-Ahnenerbe übernommen worden war. Während der deutschen Besatzung in Griechenland war er von 1942 bis 1944 Direktor des Deutsch-Griechischen Instituts für Biologie in Piräus. Zusammen mit dem in Max-Planck-Institut für Biologie unbenannten Kaiser-Wilhelm-Institut siedelte er 1946 nach Tübingen über, wo er außerdem zum Honorarprofessor der Universität Tübingen ernannt wurde.
Hartmann hat unter dem Nationalsozialismus geforscht und Wissenschaftspolitik betrieben. Er kann dafür kritisiert werden, dass er sich darauf eingelassen und nicht ausreichend gegen die Verbrechen des NS-Regimes und für seine jüdischen Kollegen Stellung bezogen hat. Allerdings hat er sich im Gegensatz zu vielen anderen Biologen und Genetikern standhaft gegen eine ideologische Vereinnahmung seiner erbbiologischen Grundlagenforschung durch den Nationalsozialismus gewehrt. Oberster Maßstab war für ihn das Ideal einer „reinen“ Wissenschaft. Konsequent, aber ethisch problematisch war daher sein nach Kriegsende geäußerter Vorschlag, „alle Nieten unter den Kollegen“ mithilfe der Entnazifizierung zu entfernen, belastete Spitzenwissenschaftler aber auf ihren Positionen zu belassen. Seine Tätigkeit in Piräus stand zwar im Kontext der deutschen Besatzungspolitik. Sie diente jedoch offenbar in erster Linie „der Grundlagenforschung in Berlin und nicht der Propagierung der nationalsozialistischen Rassenideologie“ (Zarifi 2020). Ein wie auch immer gearteter persönlicher Beitrag zu den Härten und Verbrechen der deutschen Besatzung kann Hartmann auf Grundlage der vorliegenden Quellen nicht nachgewiesen werden.