Bibliothek Professor Richard Meyer
Zwei Bücher, die 1987 vom Stadtmuseum Tübingen beim Antiquariat Melchior in Vaihingen (Enz) gekauft wurden gehörten ursprünglich in die Bibliothek des Berliner Literaturprofessors Richard Moritz Meyer. Es handelt sich um eine in Leder gebundene Erstausgabe von Justinus Kerners Briefwechsel mit seinen Freunden. 2 Stempel in den Büchern verweisen nach Ludwigsburg, wo sie in der Stadtbücherei und der Bezirks- und Lehrergesellschaft inventarisiert waren. Zudem sind auf der Innenseite der Buchdeckel Exlibris eingeklebt, die auf einen „Richardi M. Meyer“ als Vorbesitzer verweisen. Richard Moritz Meyer (geb. am 5. Juli 1860 in Berlin, gest. am 8. Oktober 1914 in Berlin) wurde als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Bankiers geboren. Er war später Professor für Germanistik u. führte zusammen mit seiner Frau Estella in seinem Stadtpalais in der Voßstraße in Berlin einen literarischen Salon. Seine Ehefrau Estella, geborene Goldschmidt, wurde am 1. April 1870 in Berlin geboren. Vermutlich wurde sie 1942 Opfer der NS-Euthanasie. Im Nationalsozialismus fand ein Zwangsverkauf der Villa zu unangemessen niedrigem Kaufpreis als Baugrundstück für Neue Reichskanzlei statt, die Familie durfte nicht mehr ins Haus und die Bibliothek wurde einbehalten. Ein unrechtmäßiger Erwerb unserer Bücher kann also nicht ausgeschlossen werden. Professor Meyer hatte drei Söhne, wovon nur einer die Weltkriege überlebte. Sein Sohn Reinhold Meyer (1898-1965) war als Antiquar tätig und verkaufte bereits in den 1920er Jahren aus Geldsorgen einen Teil der Bibliothek des Vaters mit seinem Kollegen Mittler (Antiquariat Meyer&Mittler in der Voßstraße 16). Die Bücher finden sich sogar in einem der Verkaufskataloge. Doch ob es zu einem Verkauf kam ist ungewiss.