Clara-Zetkin-Straße
Clara Zetkin, geb. Eißner (1857-1933)
benannt 1985
Clara Zetkin war seit den 1880er Jahren zunächst in der Sozialistischen Arbeiterpartei, dann in der SPD aktiv, seit 1895 als Vorstandsmitglied. Sie war außerdem eine der Vordenkerinnen der sozialistischen Frauenbewegung. Als überzeugte Pazifistin stimmte sie 1914 gegen die Kriegskredite, engagierte sich danach im Spartakusbund und der USPD, weshalb sie mehrfach in ,Schutzhaft‘ genommen wurde. Schließlich trat sie in die KPD ein. 1919/20 war sie Mitglied der Verfassungsgebenden Versammlung Württembergs. Als Präsidentin der Internationalen Arbeiterhilfe, Mitglied im Zentralkomitee der KPD und im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale blieb sie auch in der Zwischenkriegszeit politisch engagiert, wobei sie ihren Lebensmittelpunkt in die Sowjetunion verlagerte. Noch kurz vor ihrem Tod im August 1932 warnte sie in ihrer Funktion als Alterspräsidentin des Reichstags vor den Gefahren des Nationalsozialismus.
Moralisch kritikwürdig ist die Person Clara Zetkins vor allem deshalb, weil sie das gewaltsame Vorgehen der sowjetischen Machthaber gegen Oppositionelle nicht nur öffentlich verteidigte, sondern aktiv unterstützte. So plädierte sie im Sommer 1922 als Anklägerin im Moskauer Schauprozess für die (letztlich nicht vollstreckte) Todesstrafe gegen eine Gruppe sogenannter Sozialrevolutionäre. Im Kern war die Argumentation Zetkins im Prozess totalitär – und sie nahm den später vollzogenen Übergang zur stalinistischen Verfolgungspolitik vorweg. Aufgrund ihrer hohen moralischen Autorität innerhalb der kommunistischen Bewegung handelte sie dabei in einflussreicher und verantwortlicher Position. Allerdings befürwortete Zetkin anschließend auch, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt wurde. Ihr ging es eher um die Symbolisierung revolutionären Rechts als um dessen Vollstreckung.
Nachdem ein 1976 von einem kommunistischen Stadtrat eingebrachter Antrag gescheitert war, wurde Clara Zetkin von der Stadt Tübingen 1985 schließlich doch mit einem Straßennamen geehrt. Dies geschah wohl in erster Linie für ihre Verdienste um die Frauenbewegung, da gleichzeitig auch andere Protagonistinnen der Frauenemanzipation wie Gertrud Bäumer als Namensgeberinnen bestimmt wurden. Ihre diesbezüglichen Verdienste sind bis heute ebenso unbestritten wie ihre Verdienste um die Sozialdemokratie und als wortstarke Mahnerin vor Krieg, Faschismus und Nationalsozialismus. Diese Verdienste müssen aber aus Sicht der Kommission ins Verhältnis gesetzt werden zu ihren demokratiefeindlichen Äußerungen und ihrer Unterstützung für die Verfolgung politischer Gegner in der Sowjetunion, die konkrete Folgen für die Betroffenen hatte.