Ammer, Steinlach und Goldersbach sollen natürlich fließen
Pressemitteilung vom 30.08.2017
In den vergangenen Jahren hat im Gewässerbau ein Umdenken eingesetzt. Zwängte man früher Flüsse und Bäche in ein möglichst gerades und hartes Bett, so hat man heute erkannt, dass dies für Mensch und Umwelt erhebliche Nachteile und Schäden mit sich bringt. Wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere wurden zerstört, Hochwässer können weitaus größere Schäden anrichten als an natürlichen Bächen.
In Tübingen hat man vor einigen Jahren damit begonnen, den Wasserläufen ein naturnahes Bett zurückzugeben. Ammer, Goldersbach und Steinlach haben sogenannte raue Rampen erhalten. Wo früher das Wasser über eine Schwelle stürzte, plätschert es jetzt über ein Bett aus Steinen – die raue Rampe. Deshalb können Fische und Kleinstlebewesen wieder flussauf und -abwärts schwimmen, ohne auf unüberwindliche Hindernisse zu treffen. Das trägt zur Belebung der Gewässer bei und hilft dem ökologischen Gleichgewicht.
Als nächstes soll die Struktur der Tübinger Gewässer verbessert werden. Betonwände und -sohlen werden entfernt, die Bachbetten werden weiter und kurvenreicher gestaltet. So soll das enge Korsett einem natürlicheren Verlauf Platz machen; wertvolle Lebensräume entstehen. „Welches Kind hat denn heute schon mal eine Libelle oder einen Wasserkäfer gesehen?“, umschreibt Alber Füger, Leiter des Fachbereichs Tiefbau eines der Ziele. „Zugleich verbessern wir den Hochwasserschutz. Den haben wir bei den ingenieurbiologischen Planungen immer im Blick“, erklärt Füger.
Wie Goldersbach, Ammer und Steinlach in Zukunft aussehen, lässt sich jetzt schon an der Ammer in der Weststadt ablesen: Zwischen Rheinland und Rappstraße haben die Fachleute 2013 das Bachbett renaturiert. In der Folge haben Pflanzen und Tiere die neuen Lebensräume besiedelt; spielende Kinder haben den Bereich für sich entdeckt. Auch im Mündungsbereich der Ammer hat es kleinere Maßnahmen gegeben.
Schwerpunkt in den kommenden Jahren sind weitere Abschnitte an der Ammer. Derzeit laufen Umbauarbeiten in Lustnau unterhalb vom Österberg. 1975 wurden nach einem Hochwasser die dortigen Ufer abgegraben und mit Gabionen befestigt. Das Bachbett ist trapezförmig ausgebaut und verläuft schnurgerade. Ufer und Sohle sind massiv befestigt mit gesetzten Steinen und Drahtschotterkästen. All das wird jetzt rückgebaut, die Ammer darf künftig in einem breiteren Bett mit sanften Kurven fließen. Auch hinter dem Technischen Rathaus, das derzeit umgebaut wird, bekommt die Ammer demnächst ein neues natürlicheres Gesicht. Der Verbau von Sohle und Böschung wird entfernt, das Gewässer renaturiert und für Menschen zugänglich gemacht.
Damit erfüllt Tübingen Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass ein guter ökologischer und chemischer Zustand der Gewässer erreicht und ein solider Fischbestand erhalten oder wiederhergestellt werden soll. Für die Maßnahmen am Neckar ist das Land zuständig, für die Verbesserungen an Ammer, Goldersbach und Steinlach sorgt die Stadt.
Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen