Biografie Ethel Smyth
Bevor Ethel Smyth (geboren 1858 in Sidcup, Kent; gestorben 1944 in Woking, Surrey) im Jahr 1922 der Titel „Dame of Commander“ verliehen wurde, musste auch sie gegen zahlreiche Widerstände ankämpfen.
Durch die Erzählungen einer aus Deutschland stammenden Gouvernante entwickelt sie schon früh den Wunsch, eines Tages am Konservatorium in Leipzig zu studieren. 1877 kann sie dieses Vorhaben gegen den Willen ihres Vaters in die Tat umsetzen und studiert als eine der ersten Frauen in Leipzig Komposition. Zwar ist sie schon bald enttäuscht von den konservativen Strukturen dieser Institution, die noch Jahrzehnte nach dessen Tod den Geist Mendelssohn-Bartholdys atmet, doch ist sie begeistert vom Musikleben der florierenden Kulturmetropole, in der sie unter anderem Clara Schumann und Johannes Brahms kennenlernt. In ihrer Studienzeit schreibt sie zunächst Kammermusikwerke, wendet sich aber nach und nach größer besetzten Formen, Chören, Sinfonien und sogar Opern zu.
Immer wieder muss sie um die Aufführung ihrer Werke kämpfen, doch nicht selten gelingt es ihr, die Unterstützung einflussreicher Persönlichkeiten zu gewinnen. So kommt die Uraufführung ihrer Messe in D in der Royal Albert Hall in London durch die Fürsprache des britischen Königshauses zustande. Mehrere ihrer Opern werden dank der Förderung durch namhafte Dirigenten, darunter Bruno Walter, Arthur Nikisch und Sir Thomas Beecham, erfolgreich auf die Bühne gebracht. Ihre Oper „Der Wald“ bleibt nach ihrer Erstaufführung 1903 über 100 Jahre lang die einzige von einer Frau komponierte Oper, die an der New Yorker Metropolitan Opera aufgeführt worden ist.
Trotz dieser Erfolge erkennt Ethel Smyth, dass strukturelle Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Gebieten notwendig sind, damit Komponistinnen nachhaltig Gleichberechtigung und vorbehaltlose Anerkennung erfahren. 1911 schließt sie sich den britischen Suffragetten an. Ihr „March of the Women“ wird zu einer Hymne der englischen Frauenbewegung.
Mit fortschreitendem Alter und der zunehmenden Gehörlosigkeit Smyths komponiert sie weniger. Gleichzeitig nimmt ihre schriftstellerische Tätigkeit zu und trägt zur Bekanntheit und Verbreitung ihrer Werke bei. Anlässlich ihres 75. Geburtstags wird sie im Vereinigten Königreich im großen Stil gefeiert. Sie selbst ist zu diesem Zeitpunkt schon fast völlig gehörlos und stirbt zwölf Jahre später im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte.